Wo ist meine Lesebrille? von Lyla Ward

Wo ist meine Lesebrille?
Mein amüsantes Leben zwischen Jugendwahn und Seniorenteller
ISBN/EAN: 9783764503673
Sprache: Deutsch
Umfang: 285 S.
Einband: gebundenes Buch
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Runzel-Ich für Fortgeschrittene Wann ist alt wirklich alt? Mit 50, 60 oder 70 plus? Wenn Achtzigjährige Marathon laufen und die eigene Tochter zum Club der Seniorinnen gehört, man von Wildfremden Komplimente dafür bekommt, dass man noch lebt, aber als Zielgruppe für die Werbewirtschaft längst gestorben ist, kann man schon mal über die Vor- und Nachteile des Alters ins Grübeln geraten. 'Jetzt reicht's!', erklärt die amerikanische Journalistin Lyla Ward. Wider alle Jugendfanatiker, Altersbesserwisser, Angstmacher und sonstige 'Silver-Age'-Spezialisten findet sie es an der Zeit, selbst zu Wort zu kommen und vom Für und Wider einer unausweichlichen Tatsache zu erzählen: offen, klug, pointiert und höchst amüsant. Das hinreißend amüsante Plädoyer für einen entspannten Umgang mit dem Alter. Das perfekte Geschenk für alle, die jedes Lebensalter intensiv genießen wollen!
Lyla Blake Ward schreibt seit mehr als mehr als 60 Jahren für Zeitschriften wie The Wall Street Journal, The Washington Post, Good Housekeeping, The Chicago Tribune u.a. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie eine PR-Agentur und einen Partyservice geführt. Sie lebt in Connecticut und genießt ihr Alter und das Leben mit den Enkelkindern.
WER IST HIER IM MITTLEREN ALTER? Ich war niemals im mittleren Alter. Ich war es beinahe. Als ich jedoch auf die fünfundvierzig zuging und mich damit abgefunden hatte, dass ich diesen speziellen Lebensabschnitt nun bald erreicht haben würde, änderten sich plötzlich die Regeln. Wer auch immer für die Festlegung von Lebensphasen verantwortlich ist, gab damals überraschend bekannt, kürzlich veröffentlichte Versicherungsdaten hätten ergeben, dass es realistischer sei, die Lebensmitte mit fünfzig Jahren anzusetzen. Okay, damit konnte ich leben. Und das tat ich dann auch, bis ich ein paar Tage vor meinem fünfzigsten Geburtstag erfuhr, dass man die Messlatte erneut höher gehängt hatte. Nun hieß es, die mittleren Jahre würden erst mit fünfundfünfzig beginnen. Wie sollte ich nun weiter meinen wachsenden Taillenumfang als den unvermeidlichen Speck der Lebensmitte erklären, wenn ich diese mit fünfzig noch nicht einmal annähernd erreicht hatte. Es war all diesen Marathon laufenden, bergsteigenden, kickboxenden Großmüttern also wieder einmal gelungen. Wer - so argumentierte ihre Lobby - könne überhaupt mit Sicherheit sagen, wann das mittlere Alter begann? Nun, ich konnte das durchaus. Ich hatte inzwischen mindestens eine Kleidergröße zugelegt, und in meinen ansonsten dunklen Haaren zeigten sich mittlerweile die ersten silbernen Strähnen, und als ich an meinem fünfundfünfzigsten Geburtstag in den Spiegel blickte, wusste ich genau, was ich da sah: eine Frau im mittleren Alter. Knapp daneben ist eben auch vorbei. Nun gut. Während immer mehr Jubilare beachtliche hundertzehn Jahre erreichten, dabei noch immer Bridge spielten und - Gott steh uns bei - mit ihren Model Ts die Stadt unsicher machten, war die Gesellschaft geneigt, den Menschen zwischen sechzig und fünfundsechzig ein bisschen mehr Spielraum zuzugestehen. Rein formal gesehen befanden sie sich zwar in den mittleren Jahren, aber sie protzten nicht mit goldenen Uhren - jedenfalls noch nicht. Die Menschen gingen später in den Ruhestand, ergriffen dann manchmal noch einen zweiten oder sogar einen dritten Beruf, und so machte es einfach puff, und das mittlere Alter verschwand. Und was war die Folge? Ich war also niemals in den mittleren Jahren! Ich wechselte direkt von jung zu alt. Ohne jedes Übergangsstadium. Sagte ich 'alt'? Verzeihung. Man nennt mich heute euphemistisch eine 'Seniorin', ein Titel, den ich mit vierzig Millionen anderen Amerikanern, die über fünfundsechzig sind, teile. In diesem Buch geht es darum, wie man sich in einer Welt voller Blisterpackungen, die man nicht zu öffnen vermag, zurechtfindet. In einer Welt voller Elektronik, die man kaum noch versteht. In einer Welt mit ihren unzähligen Verfallsdaten, von denen man nur hoffen kann, dass sich keines von ihnen auf einen selbst bezieht. Es handelt von Telefonansagen mit Menüführung, Medikamentenwerbung, Umfragen und noch mehr Umfragen, von Computern und den endlosen 'guten Ratschlägen', die wir von der Generation X, Y oder Z erhalten. Damit meine ich jene Generationen, die jetzt unseren bisherigen Altersgruppen zuzuordnen sind. In Kolumnen und Büchern werden wir mit Informationen geradezu bombardiert, wie wir das, was wir haben, auch behalten können. Angefangen bei unseren Haaren bis hin zu unserer Gallenblase. Es gibt unzählige Anti-Aging-Cremes, Mineralien und Vitamine, die uns fit halten sollen, und es gibt Sudoku, um unsere kleinen grauen Zellen auf Trab zu halten. Wir wissen, 'wie man erfolgreich älter wird, ohne zu sterben', weil man uns ständig sagt, wie man das macht. Als jemand, den man um seinen berechtigten Anspruch auf die mittleren Jahre betrogen hat, bin ich überaus sensibel gegenüber den gesellschaftlichen Zwängen geworden, die sich mit so viel Aufwand darum bemühen, mich jung zu erhalten. Mit anderen Worten, bleibt mit euren tragbaren, digitalen Feuerlöschern bloß meinen Geburtstagskerzen fern! Das ist meine Überzeugung, während ich gemütlich auf meiner Couch sitze, mitten am Nachmittag