Die Karrieren der Vicki Baum von Nicole Nottelmann

Die Karrieren der Vicki Baum
Eine Biographie
ISBN/EAN: 9783442739011
Sprache: Deutsch
Umfang: 442 S.
Einband: kartoniertes Buch
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Eine spannende und kenntnisreiche Biographie Sie war der erste Medienstar des deutschen Literaturbetriebs, ihr Name war bekannt wie "Melissengeist und Leibnizkeks", sie galt als Inbegriff der modernen Frau: die Schriftstellerin Vicki Baum. Ihr Welterfolg "Menschen im Hotel" ebnete ihr den Weg nach Hollywood. In ihrer spannenden und kenntnisreichen Biographie beschreibt Nicole Nottelmann den phänomenalen Aufstieg einer Frau mit großen Ambitionen und großem Herzen, in deren Lebensweg sich die Weltgeschichte spiegelt.
Nicole Nottelmann, geboren 1967, hat Journalistik und Germanistik studiert und mit einer Arbeit über das literarische Werk Vicki Baums promoviert ("Strategien des Erfolgs", 2002). Sie lebt in Köln und Berlin.
Ihren Namen kannte ich nur aus dem Kino. Als Greta-Garbo-Verehrerin wusste ich lediglich, dass Vicki Baum die Romanvorlage für den Filmklassiker Grand Hotel geschrieben hatte, in dem die Garbo als lebensmüde Primaballerina Grusinskaja den berühmten Satz "But I want to be alone" sagt. Erst viel später lernte ich den Originalroman kennen. 1991 erhielt ich als junge Journalistin und Verlagsmitarbeiterin den Auftrag, einige Romane Vicki Baums auf ihre Lesbarkeit hin zu überprüfen - unter ihnen auch ihr berühmtester, Menschen im Hotel. Ich war begeistert von diesen Büchern, die für den Unterhaltungsmarkt der 20er bis späten 50er Jahre verfasst worden waren. Und ich war irritiert, denn aus meiner Sicht war diese vermeintlich altmodische Gigantin der Unterhaltungsliteratur eine meisterhafte Schriftstellerin. Vicki Baums Sujets und Betrachtungsweisen waren zwar nicht mehr brandaktuell, aber ihre Technik, den Leser in ihren Bann zu ziehen, tat noch immer ihre Wirkung. Und welche Bandbreite hat ihr angeblich so triviales Oeuvre! Es reicht von frühen, an Thomas Mann orientierten Erzählungen zu stilbildenden Frauenromanen und neusachlichen Gesellschaftsstücken bis zu exzellent recherchierten historisch-exotischen Abenteuerromanen. Die Frage, weshalb diese den Leseerwartungen meiner Großmütter angepassten Bücher auch mich noch fesselten, ließ mich lange nicht mehr los. Zunächst versuchte ich, Baums literarischen "Trick" zu entschlüsseln, und so promovierte ich über die "Strategien des Erfolgs" bei Vicki Baum. Das Ergebnis war eine Studie, die das "Rätsel" in erzähltechnischer Hinsicht zumindest ausleuchtete und hoffentlich geholfen hat, die Autorin vom Ruch der dichterischen Banalität zu befreien. Ich forschte auch über ihr Leben - und das erschien mir mindestens ebenso fesselnd wie die besten ihrer Romane. Wie sich herausstellte, ist es auch die Quelle für viele ihrer spannenden Fabeln. Vicki Baum schrieb knapp dreißig Romane, zahlreiche Erzählungen und einige Theaterstücke. Nebenbei war sie eine produktive Journalistin. Wie alle Vielschreiber beherrschte sie die Kunst der verschleierten Variation und geschickten Mehrfachverwertung. Aber im Kern ist ihr Schreiben autobiographisch (was sie selbst vehement abstritt). In ihren Romanen fängt Baum meisterhaft die Doppelgesichtigkeit des Lebens ein. In ihrer Literatur sind Realität und Illusion, Komik und Tragik stets untrennbar verwoben. Das gilt auch für ihr eigenes Leben. Mit über siebzig sagte sie von sich: "Ich bin nichts weiter als ein Zeitstück. Weder hinlänglich alt noch edel genug, um als echte Antiquität durchzugehen, noch jung genug, um in die raue, mechanisierte, schnelllebige Gegenwart zu passen." In dieser klugen selbstironischen Einschätzung schwang nicht nur die Resignation darüber mit, sich nicht mehr im Einklang mit ihrer Zeit zu befinden, sondern auch die stolze Überzeugung, dass sie dieser Zeit innerlich voraus war. Das möchte man ihr heute bestätigen. Für mich weist sich Vicki Baum in ihrer Widersprüchlichkeit, ihrer Sehnsucht, alle Möglichkeiten eines Frauenlebens auszuleben, und in ihrem unbedingten Willen zur Selbstbestimmung als unsere Zeitgenossin aus. Sie führte ein faszinierend selbstständiges und kreatives Leben. In einer von historischen Umbrüchen und zivilisatorischen Katastrophen geprägten Zeit machte Vicki Baum eine wirklich individuelle Karriere, und es war für mich ein Privileg, ihre Werke und ihren Werdegang über Jahre hinweg erforschen zu können. Dieses Leben zu beschreiben bedeutete, Kärrnerarbeit zu leisten. Baum selbst war eine Freundin des Faktischen, aber eine Verächterin der Biographik, besonders ihrer persönlichen. So hilfreich ihre postum veröffentlichte, Fragment gebliebene Selbstbiographie Es war alles ganz anders ist, so zahlreich sind deren blinde Flecken, Auslassungen und freiwillige Ungenauigkeiten. Ich unternahm Reisen zu den Schauplätzen ihres Lebens und sichtete einen so reichhaltigen wie verstreut archivierten Nachlass, der vornehmlich