Shakespeare - wie ich ihn sehe von Bill Bryson

Shakespeare - wie ich ihn sehe
ISBN/EAN: 9783442310951
Sprache: Deutsch
Umfang: 207 S.
Einband: gebundenes Buch
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Wer war Shakespeare wirklich? Mensch oder Mythos - wer war William Shakespeare, der geistige Vater von Romeo und Julia, von Hamlet und Macbeth, wirklich? Gab es den Menschen Shakespeare überhaupt? Und verbirgt sich jemand hinter dem Pseudonym, der auf keinen Fall erkannt werden wollte? Vielleicht sogar eine Frau? Bill Bryson schließt die Wissenslücke um den bekanntesten Autor der Welt und lädt seine Leser ein zu einer vergnüglichen Reise durch das elisabethanische England und wieder zurück. Auf dem überaus amüsanten Rundgang - der gleichzeitig ein Streifzug durch Shakespeares bewegtes Leben, seine Zeit und seine Werke ist - interviewt Bill Bryson Kuratoren und Wissenschaftler, hinterfragt und kommentiert er etablierte Forschungsmeinungen und schaut mit einem Augenzwinkern hinter die Kulissen. Ein lehrreiches Lesevergnügen! Ein echter Bill Bryson: eloquent, klug und mit einem Augenzwinkern geschrieben.
Bevor Richard Plantagenet Temple Nugent Brydges Chandos Grenville, zweiter Duke of Buckingham and Chandos im Jahre 1839 zu viel Geld kam, führte er ein eher ereignisloses Leben. Er zeugte ein Kind in Italien, sprach gelegentlich im Unterhaus gegen die Aufhebung der Korngesetze und entwickelte früh ein Interesse an sanitären Einrichtungen (sein Haus in Stowe in Buckinghamshire hatte neun der ersten Spülklosetts in England), zeichnete sich aber ansonsten lediglich durch seine glänzenden Aussichten und vielen Namen aus. Doch nachdem er die Titel und eine der größten Besitzungen im Land geerbt hatte, überraschte er seine Freunde und Bekannten und zweifellos auch sich selbst damit, dass er es schaffte, durch eine Reihe spektakulär unkluger Investitionen in gerade mal neun Jahren sein Erbe bis auf den letzten Penny durchzubringen. Bankrott und gedemütigt überließ er Stowe und dessen bewegliche Habe im Sommer 1848 seinen Gläubigern und floh nach Frankreich. Die darauffolgende Auktion wurde zu einem der großen gesellschaftlichen Ereignisse der Zeit. Stowe war so üppig eingerichtet, dass Mitarbeiter der Londoner Firma Christie & Manson 40 Tage brauchten, um erst einmal alles aufzunehmen. Zu den weniger beachteten Dingen, die versteigert wurden, gehörte ein dunkles ovales Porträt, 22 Zoll in der Höhe und 18 Zoll in der Breite, das der Earl of Ellesmere für 355 Guineen erstand und das seitdem als Chandos-Porträt bekannt ist. Das Gemälde war oft überarbeitet worden und im Laufe der Zeit so sehr nachgedunkelt, dass viele Details verloren waren (und immer noch sind). Man sieht darauf einen nicht unschönen Mann von etwa 40 Jahren mit schmuckem Bärtchen und hoher Stirn; am linken Ohr trägt er einen goldenen Ohrring und schaut gelassen selbstbewusst drein, ein Bonvivant. Kein Mann, denkt man vielleicht, dem man ohne Weiteres seine Frau oder erwachsene Tochter anvertrauen würde. Obwohl über die Herkunft des Bildes ebenso wenig bekannt ist wie darüber, wo es die meiste Zeit war, bevor es 1747 in den Besitz der Familie Chandos kam, hält man es gemeinhin für ein Porträt William Shakespeares. Der Mann sieht jedenfalls aus wie William Shakespeare - was nicht weiter verwunderlich ist, denn es ist eines der drei Porträts von ihm, dem alle anderen nachempfunden sind. Kurz vor seinem Ableben schenkte Lord Ellesmere 1856 das Gemälde der National Portrait Gallery in London, die damit begründet wurde. Insofern hat es einen gewissen sentimentalen Wert, doch dass es Shakespeare darstellt, wurde sofort angezweifelt. Viele Kritiker waren der Ansicht, der Mann sehe für einen englischen Dichter, erst recht für einen der Größten, zu dunkelhäutig und fremdländisch aus - zu italienisch oder jüdisch. Manche verstörte auch, um den verstorbenen Samuel Schoenbaum zu zitieren, dass er einen »brünstigen« Ausdruck und »lüsterne« Lippen hatte. Andere meinten, vielleicht einen Hauch hoffnungsvoll, dass er, in der Rolle des Shylock, für seinen Auftritt geschminkt, porträtiert worden sei. »Auf jeden Fall stammt das Bild aus der richtigen Epoche -so viel können wir sagen«, erzählte mir Dr. Tarnya Cooper, Kuratorin der Gallery für die Bilder des 16. Jahrhunderts, als ich mich eines Tages aufmachte, um herauszufinden, was wir von dem am meisten verehrten Mann der englischen Sprache wissen und mit einiger Plausibilität annehmen können. »Die Form des Kragens war etwa zwischen 1590 und 1610 beliebt, also genau zu der Zeit, als Shakespeare seine größten Erfolge feierte und wohl am ehesten für ein Porträt gesessen haben mag. Wir sehen ja auch, dass der Dargestellte eine Künstlernatur war, was zur Arbeit am Theater passt, und dass er nicht ganz unvermögend war - wie Shakespeare damals.« Auf meine Frage, woran sie das alles erkenne, erwiderte sie: »Der Ohrring deutet auf einen Bohemien. Wenn ein Mann einen Ohrring trug, signalisierte er das Gleiche wie heute - er war modisch ein wenig wagemutiger und vifer als seine Geschlechtsgenossen. Drake und Raleigh haben sich beide mit